Informationen und Fakten über Lamas - ein kleines Lamakunde - Lexikon

Fehlprägung bei Lamas (und Alpakas)

Beserk Male Syndrom

Hiermit möchte ich auf das Eindringlichste warnen:

 


Lamas und auch Alpakas sind keine Kuscheltiere!
Sie gehören auch nicht in einen Streichelzoo!


Bitte „rettet“ die Tiere und lasst sie in ihrer Prägephase mit anderen Lamas in Ruhe!
Wenn das Lama auf Menschen fixiert ist, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass es in wenigen Jahren geschlachtet oder eingeschläfert werden muß, weil es sonst für Leute zu gefährlich wird. Wenn Ihr Eure Lamas absichtlich falsch erzieht, unterschreibt Ihr damit schon fast deren Todesurteil! Der Mensch hat die volle Verantwortlichkeit für ein fehlgeprägtes Verhalten eines Lamas - das Tier trägt keine Schuld!


Wenn hier nur vom Lama gesprochen wird, ist das Alpaka damit nicht ausgeschlossen. Alpakas können ebenso fehlgeprägt werden. Allerdings ist aufgrund ihrer Größe die Verletzungsgefahr gegenüber dem Menschen geringer als bei dem größeren Lama. Aber auch Alpakas dürfen nicht unterschätzt werden.

 


Anzeichen für eine Fehlprägung

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Kommt das Lama freiwillig und stupst mit dem Maul?
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Versucht das Lama mit der Brust zu schubsen?
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Baut sich das Lama groß frontal vor dem Menschen auf und weicht nicht zur Seite, wenn man auf das Tier zugeht? Ein trainiertes Tier, das stehenbleibt, dreht dem Menschen die Seite zu oder wenigstens den Kopf zur Seite.
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Versucht das Lama zu beißen?
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Durchsucht das Lama die Taschen eines Menschen?
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Das Lama versucht den Menschen absichtlich mit dem Körper gegen die Wand zu pressen. Hier sollte zwischen tatsächlich Absicht und angstvollem Abwehrverhalten unterschieden werden. Letzteres ist jedoch sehr selten und nur ein hochgradig panisches Lama wird dazu greifen.
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Kommt das Lama und spuckt Menschen "grundlos" an?
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Attackiert das Lama Menschen?
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Extremer Fall: das Lama springt einen Menschen von hinten an und wirft ihn auf den Boden. (Hier ist im Prinzip fast keine Rettung mehr möglich – das Lama ist hochgradig gefährlich.)
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Das Lama steigt und versucht den Menschen umzustoßen.
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Das Lama ist übermäßig freundlich und geht jedem mit der Maul ins Gesicht. Hier sollte auch unterschieden werden zwischen Begrüßung und beserkem Verhalten. Bei einer Begrüßung wird der Mensch kurz beschnuppert und dann geht das Lama wieder zurück.
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Schlägt das Lama grundlos nach Menschen aus? Hier ist kein Abwehrverhalten gemeint, das ein Lama am Halfter angebunden als Gegenwehr in einer Angstsituation unternimmt.

Phasen

1-6 Monate:

In dieser Zeit sollte der Umgang mit dem Menschen aufs Nötigste beschränkt werden. Das Nötigste bezeichnet hierbei medizinische Notlagen und Notwendigkeiten: Injektionen, Nägelkürzungen, Verarztung von möglichen Verletzungen, … Eine Ausnahme sind Flaschenbabies, auf die aber später (link) eingegangen wird.

In dieser Phase scheiden sich auch die Geister. Während einige Züchter sagen, dass man mit drei Monaten schon ein Halfter aufsetzen und langsame Gewöhnungen an den Menschen einüben kann, kann ich dies nur bei einer großen Herde befürworten. Wenn man weniger als 10 Tiere hat (und hier meine ich mind. 8 oder mehr erwachsene Tiere), könnte man dies eventuell so durchziehen. Wenn jemand weniger Tiere hat, würde ich dringlichst davon abraten. Die Prägung des Jungtieres sollte eindeutig von Lamas ausgehen. Dazu gehört ein stabiles soziales Gefüge in der Herde mit ausreichend erwachsenen Tieren. Je mehr Tiere, desto eindeutiger ist die Frage „Gehört der Mensch zu meiner Art?“ für das kleine Fohlen beantwortbar.

Wenn jemand eine große Herde hat, sollte das Fohlen beobachtet werden, wenn ein frühzeitiges Training gewünscht wird. Kommt das Lama freiwillig oder muß der Mensch zum Lama gehen? Der erste Fall ist bedenklich und es sollte größere Aufmerksamkeit erfolgen. Ein Fohlen kommt nicht einfach so zum Menschen und lässt sich streicheln und füttern.

 

Ca. 2 Jahre alt:

Etwa um den Zeitraum herum – ab ca. 1.5 Jahre bis 2.5 Jahre - kommt eine Fehlprägung erstmals am deutlichsten zum Ausdruck, weil jetzt die Aggressionen gegen den Menschen meist überraschend für den Uneingeweihten beginnen. Während sich das Lama vorher überfreundlich verhalten hat, beginnen männliche Tiere jetzt ihr Territorium zu verteidigen. Da der Mensch (dies schließt Frauen ein!) nicht als deckbare Stute wahrgenommen wird, muß er daher eine Konkurrenz darstellen. Ein Rivale wird naturgemäß aus dem Gebiet verjagt. Dieses Verhalten zeigen sowohl Wallache als auch Hengste. Der Unterschied zwischen ihnen besteht darin, dass Wallache dieses Verhalten meist ein wenig schwächer ausgeprägt und meist auch ein wenig später zeigen. Gefährlich sind jedoch beide, ebenso übrigens auch Stuten. Ein fehlgeprägter Wallach ist nicht unbedingt harmloser, nur weil er kastriert ist! Das Territorialverhalten ist schwächer ausgebildet, aber der Bezug zum Menschen ist trotzdem gestört und Aggressionen können in Attacken übergehen. Menschen werden angespukt, geschubst, es wird versucht, sich selbst zum „Alpha-Tier“ zu erheben. Dies ist vor allem bei männlichen Tieren deutlicher, deren Mutter eine hohe Rangstellung innerhalb der Herde hat. Stuten werden in diesem Alter ebenfalls gefährlich, da sie jetzt anfangen, ihre Rangordnung gegenüber anderen Artgenossen zu erobern und vermehrt auch "spielen" wollen.

Ein guter Vergleich ist die Pubertätsphase beim Menschen: in diesem Alter beginnt auch ein menschlicher Jugendlicher auszutesten, wo die Grenzen im sozialen Verhalten sind. Ähnlich vergleichbar ist diese Zeit bei Lamas. Die vorher antrainierten Grenzen müssen vor allem jetzt „neu“ gefestigt und erhalten werden. Jeglicher Schmuseaktion mit möglicherweise fehlgeprägten Tieren ist vorzubeugen und ein Versuch vom Lama aus nicht zu akzeptieren. Dem Lama muß klargemacht werden, dass der Mensch kein Lama ist und immer die Befehlsgewalt hat. Ja, ich weiß, es klingt hart, aber ein fehlgeprägtes ausgewachsenes Lama kann einen Menschen ernsthaft verletzen. Ein Krankenhausbesuch als menschlicher Patient ist im Extremfall nicht auszuschließen.

 

Ca. 4-5 Jahre alt:

Lamas sind jetzt erwachsen und selbstbewußt. Sie erwarten, daß ihr Bereich auch ihnen gehört und wehren sich gegen Übergriffe. Dazu zählt auch der Mensch, der von ihnen als "Artgenosse" wahrgenommen wird. Der Mensch wird abgespukt und notfalls körperlich zu Seite gedrängt oder "in seine Schranken verwiesen". Vor allem männliche Tiere werden jetzt für ihre menschlichen Besitzer gefährlich und können durch ihr Verhalten ernsthafte Verletzungen hervorrufen.

 

Ca. 6-8 Jahre alt:

Die wenigsten fehlgeprägten Lamas leben so lange. Viele werden sind schon vorher so gefährlich geworden, daß eine Haltung mit einem ordentlichen Management nicht mehr möglich war.
In diesem Alter sind Lamas - vor allem Hengste - erwachsen, selbstbewußt und lassen sich nicht auf der Nase herumtanzen. Jetzt wird das Territorium immer verteidigt und Rangkämpfe stellen (normalerweise) keine Schwierigkeiten dar. Hemmungen gibt es nicht mehr. Die Fehlprägung bricht jetzt am stärksten hervor und die Lamas attakieren Menschen, wenn diese in ihren Bereich kommen. Eine Umerziehung ist ausgeschlossen und das Tier ist für Menschen (zu) gefährlich.
So schmerzlich es auch ist, hier bleibt meist nur noch ein Ausweg.

 


Flaschenkinder

Eine Ausnahme bilden Flaschenkinder. Sollte ein Fohlen mit der Flasche aufgezogen werden oder Milchpräparate zusätzlich bekommen, weil die Milch der Mutter nicht ausreicht, ist der Kontakt zum Tier nur auf die Fütterungszeit zu beschränken. Es hilft, die Flasche über den Zaun hinweg zu geben – nachdem sich das Tier daran gewöhnt hat. Indem man sich nicht auf der gleichen Weide befindet, hat man eine zusätzliche Barriere zwischen sich und dem Tier. In Amerika benutzt man häufig auch sogenannte Lama-Dummies.


Fehlprägung

Sollte ein Lama oben aufgeführte Anzeichen aufweisen (müssen nicht alle sein - aber viele), dann ist es meistens schon zu spät und das Lama ist fehlgeprägt. Dies kann sich nicht nur in verschiedenen Etappen sondern auch in unterschiedlicher Stärke zeigen.
Hier ist aber bitte zwischen einem aggressiven Lama, das den Menschen nicht angreift und einem echten Beserkertum zu unterscheiden. Wenn das Lama bereits für den Menschen gefährlich ist/wurde, ist eine Umerziehung nur in den seltensten Fällen zu bewerkstelligen. Auch eine frühzeitige Kastration kann das Problem nicht beheben, da es nicht mit den Hormonen zusammenhängt, sondern im Sozialverhalten des Tieres (fehl-)integriert wurde. Es handelt sich also ein psychologisches Fehlverhalten. Eine Kastration eines Hengstes kann die Stärke der Fehlprägung (leicht) verringern, da das Territorialverhalten nicht so stark einsetzt. Aber eine Garantie ist es auf keinen Fall.
In der sehr bedauerlichen Situation eines gefährlichen fehlgeprägten Lamas gibt es fast immer nur zwei Möglichkeiten, um ernsthafte Verletzungen zu vermeiden: einschläfern lassen (Euthanisierung) oder schlachten. Keine dieser beiden - leider endgültigen - Alternativen ist für Besitzer einfach - weder die Entscheidung, noch die Durchführung. Es tut mir wirklich leid! Daher auch meine eindringliche und ernstgemeinte Warnung am Anfang. Bitte knuddelt Eure Lamababys nicht!

Anita Selig-Smith - Zadik-Lamas 2008, Disclaimer

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Lamakunde: Fehlprägung bei Lamas und Alpakas